Wenn Michèle zu erzählen beginnt…

… hört sie nimmer auf. Neun Tage verbrachte ich bei meiner Herbergsmutter, ich schätze sie auf 55-60 Jahre, weiße Haare, wache braune Augen und sehr mitteilungsbedürftig. Heute verabschiedeten wir uns: „Schön, dass du da warst. Ich mag Leute, die kein Hotel suchen, sondern diesen Ort zu schätzen wissen“, zwinkert sie mich an und schenkt mir ein kühles Blondes ein. „Wir haben Angst vor Waldbränden wegen der Trockenheit. Die beiden Gebirgsflüsse in der Nähe führen schon fast kein Wasser mehr. Wenn es mal kein Wasser mehr gibt, ist es vorbei. Die Bergdörfer auf Korsika sterben aus, weil das Leben im Gebirge beschwerlich ist. Wer will das schon. Und wird ein Haus auf Korsika von einer Generation zur nächsten vererbt, muss man eine Steuer an den Staat bzw. Notar zahlen. C‘est la morte de la Corse“, resümiert Michèle.






Sie selbst ist in Toulon an der französischen Cote d‘ Azur geboren, ihr Vater war bei der Marine. Als er starb, vererbte er seinen beiden Töchtern zwei Häuser, eines in Toulon und jenes hier in Paine im korsischen Gebirge. Seither rekonstruiert Michèle es liebevoll Stück für Stück, was nicht einfach ist, denn Material und Handwerker sind auf Korsika sehr teuer. So schifft sie alles, was möglich ist vom „Kontinent“ ein. Dort könnte sie übrigens nicht mehr leben, in der Stadt, so eng, fragt sie sich jedes Mal: „Was soll ich hier?“.






Glücklicherweise sind die Menschen jetzt, obwohl es ihnen aufgrund der aktuellen Entwicklung schlechter geht, weniger versnobt. Trotz allem wollen sie ein Häuschen in der Stadt, wo sie täglich ihrer Arbeit nachgehen und ein Häuschen auf dem Lande. Deshalb wird das Leben im Gebirge „artifiziell“, künstlich. Es ist kein echtes Leben mehr. Michèle hofft, dass sich das Homeoffice durchsetzt, sodass die Menschen auch in entlegenen Bergdörfern arbeiten könnten. Sie selbst hält die Fahne hoch, litt unter einem Burn out, arbeitet nun verkürzt, halb im Büro in Corte und halb von zuhause. Parallel will die hier oben in Piane gestressten Menschen ein außergewöhnliches Erlebnis ermöglichen. In ihrem zauberhaften Chalet ohne Wifi-Empfang, umgeben von wilder Natur.


Wenn es am Gartenzaun knackt oder raschelt, sucht eine rustikale korsische Kuh, ein kleines schwarzes Wildschein oder Bergziegen nach Futter. Echsen flitzen über die heissen Steine. Vögel zwitschern schönste Lieder und brüten Küken im Nest unterm Terrassendach aus. Katzen räkeln sich im Garten… Idylle! Urlaub! 🥰


Meinen Mietwagen habe ich um eine Woche bis zum 14. Juli verlängert, um nun die letzte Woche den Norden Korsikas zu erkunden und fliege dann direkt zurück nach Berlin.


Im Moment genieße ich den Ausblick auf den Hafen von Bastia. Habe ich erwähnt, dass Korsika wunderschön ist? 😍
Ein Kommentar
Heike Knopf
Liebe Iris,
der Blick auf Bastia und natürlich auch alle anderen Bilder machen Lust auf Urlaub und verbreiten Sehnsucht nach einer Auszeit. Deine Herbergsmama sieht sehr sympathisch aus. Geniese Deine Zeit weiter.
Liebe Grüße aus dem heutigen kalten Vogtland!
Heike